Blitzschutz • Elektrotechnik • Erdungsanlagen • Überspannungsschutz

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Blitzschutz der Tegernseer Hütte erweitert

Maßnahmen im Rahmen des Forschungsprojektes "Blitzschutz für netzautarke Hybridanlagen" der Fachhochschule Jülich, Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Alexander Kern.

Vernünftiger Blitzschutz verhindert Brände, Explosionen und Geräteschäden und schützt Mensch und Tier. Ziel des Forschungsprojektes ist es, Erkenntnisse für den Blitzschutz, speziell für netzautarke Energieerzeugungssysteme und deren Anbindung an bestehende Gebäude und Systeme, zu erlangen.

Im Rahmen eines von der AG-Solar NRW gefördertem Projektes, an dem sich neben mehreren Industriepartnern auch die Firma Wettingfeld beteiligt, werden diverse, netzautarke Hybridanlagen aus blitzschutztechnischer Sicht begutachtet. Netzautarke Anlagen werden vor allem in Gegenden mit sehr schlechter öffentlicher Energieversorgung eingesetzt, d.h. insbesondere in relativ dünn bewohnten oder abseits gelegenen Gebieten.

Ein Beispiel hierfür ist die Stromversorgung der Tegernseer Hütte. Die Tegernseer Hütte liegt geografisch im Adlernest zwischen den Gipfeln von Roß- und Buchstein auf 1650 Meter Höhe. Sie gehört der DAV (Deutscher Alpenverein) Sektion Tegernsee an. Bis zu 300 Bergfreunde kommen an schönen Wochenendtagen auf die Tegernseer Hütte. Im bewirtschafteten Zeitraum werden jährlich ca. 12.000 Gäste gezählt.

Die Fotovoltaikanlage ist auf der Südseite der Hütte, auf dem Blechdach, oberhalb der neu errichteten Sonnenterrasse als Flachdachanlage errichtet worden. Die für den Betrieb der Materialseilbahn benötigte elektrische Energie liefert ein Dieselaggregat mit 16 kW Leistung. In Zeiten, wo die Fotovoltaikanlage die Versorgung alleine nicht aufrecht erhalten kann, wird das Dieselaggregat auch zum Laden des Akkumulators verwendet. Somit wird sichergestellt, dass jederzeit elektrische Energie verfügbar ist. Das Zusammenwirken von PV-Anlage mit dem Dieselaggregat macht die Gesamtanlage zu einer kompletten netzautarken Hybridanlage.

Im Rahmen des Projektes erfolgte im Herbst 2002 eine erste Exkursion, die das Ziel hatte den Ist-Zustand des Blitzschutzsystemes der Hütte zu ermitteln. Hierbei wurde festgestellt, dass die Blechdächer von Hütte und Toilettenanbau als natürliche Fangeinrichtung genutzt werden. Alle metallenen Teile auf den Dächern sind mit den Ableitungen verbunden. Ebenso die metallenen Aufsätze der beiden Kamine. Als Erdungssystem wurde ein Oberflächenerder verlegt. Auf Grund des felsigen Untergrundes ist das Erdungssystem nur stellenweise von Erdreich überdeckt. Das Erdungssystem wurde mehrfach strahlenförmig nach unten um ca. 30 — 40 Meter verlängert.

Der Blitzschutz-Potenzialausgleich besteht aus dem Zusammenschluss metallener Installationen, hierzu gehören u.a. die maschinellen Einrichtungen der Materialseilbahn. Überspannungsschutzmaßnahmen waren lediglich am Generatoranschlusskasten vorhanden. Vom Generatoranschlusskasten gehen insgesamt drei Leitungen (Plus-, Minus und PE-Leiter) Richtung Untergeschoss, wo sich Akkumulator und Wechselrichter befinden. Überspannungsschutzmaßnahmen im Bereich des Wechselrichters waren nicht vorhanden, sodass eine ordnungsgemäße Auskopplung von Blitzströmen nicht möglich war. Da das Generatorgestell leitend mit dem Blechdach verbunden ist, fließt zwangsläufig ein Teilblitzstrom über die Generatorleitungen. Im Falle eines Blitzeinschlags besteht somit eine potenzielle Gefährdung für die Hütte und die darin befindlichen Personen.

Nach der Feststellung des Ist-Zustandes wurde eine Risikoabschätzung nach DIN V VDE V 0185 T2 durchgeführt. Mithilfe der Risikoabschätzung wurden die Planungsparameter festgelegt und bei der Erweiterung des vorhandenen Blitzschutzkonzeptes berücksichtigt.

Am 08.Juli 2003 erfolgte dann eine 2. Exkursion, bei der dann die planerisch ermittelten zusätzlichen Blitzschutzmaßnahmen realisiert wurden. Werkzeuge, Messinstrumente und Materialien wurden mittels Rucksack über die Bergpfade zur Hütte transportiert.

Als zusätzliche Maßnahmen des Äußeren Blitzschutzes wurden sechs Fangspitzen vorgesehen, die einen direkten Blitzeinschlag in das Generatorgestell verhindern sollen. Die Anordnung der Fangspitzen erfolgte unter Anwendung der Blitzkugelmethode. Zusätzlich wurde eine Potenzialausgleichsleitung zwischen Generatorgestell und Generatoranschlusskasten neu installiert. Mit dieser Maßnahme wird die Gefahr eines Isolationsdurchschlags der Generatorhauptleitungen wirksam vermindert.

Im Rahmen der Maßnahmen für den Inneren Blitzschutz wurden die nicht ausreichend dimensionierten vorhandenen Überspannungsableiter ausgebaut. Als Ersatz wurden für die Plus- und Minusleitung je zwei Überspannungsableiter eingebaut und parallel verschaltet. Es handelt sich dabei um speziell selektierte Schutzgeräte, ausgelegt für eine Nennspannung von 75 V. Mit dieser Maßnahme ist sichergestellt, dass die rechnerisch ermittelten Teilblitzströme beherrscht werden können. Bei der Berechnung wurde ein Sicherheitsfaktor 2 berücksichtigt. Ergänzend zu den beschriebenen Maßnahmen wurden dieselben Maßnahmen am Wechselrichter vorgenommen. Mit diesem Maßnahmenpaket ist eine ordnungsgemäße Ein- und Auskopplung von Teilblitzströmen im Falle eines Blitzeinschlages gegeben.